Anfang September 2021 wurden acht Objekte in Niedersachsen, Berlin und Nordrhein-Westfalen durchsucht. Dabei wurden unter anderem 250 Waffen sichergestellt. Die Staatsanwaltschaft Lüneburg ermittelte gegen zehn Personen wegen des Verdachts der Bildung einer bewaffneten Gruppe. Sie sollen sich selbst als „Neigungsgruppe“ bezeichnet und Anschläge auf Migrant:innen geplant haben. Ein Großteil der Ermittlungen richtete sich gegen einen ehemaligen Fallschirmjäger und Reservisten. Die „Neigungsgruppe“ sei eine Art Wehrsportgruppe um den Oberstleutnant der Reserve Jens G., der bereits wegen Sympathien[1] und Kontakten in die extrem rechte und völkische Szene[2] in Erscheinung getreten ist. Aufmerksamkeit erregten vor allem G.s Kontakte in das Bundesverteidigungsministerium. So hätten Beamt:innen des Militärischen Abschirmdienstes bei einer Routineuntersuchung bei einem Referenten des Verteidigungsministeriums Hinweise auf eine rechtsextreme Gesinnung festgestellt und seien bei der Handyauswertung auf dessen engen Kontakt zu Jens G. gestoßen. Im Oktober 2023 berichteten Medien über die Einstellung des Verfahrens gegen die Gruppe durch die Staatsanwaltschaft Lüneburg. Allerdings teilte diese mit, dass wegen Hinweisen auf Verstöße gegen das Waffen- und das Sprengstoffgesetz gegen einige der Beschuldigten jeweils individuell weiter ermittelt werde. Auch wenn juristisch keine Anhaltspunkte für eine konkrete Tathandlung bestehen, wird dieser Fall als Verdachtsfall geführt, weil mutmaßliche Planungen eines Anschlags auf Migrant:innen die Ermittlungen ausgelöst haben und einzelne Mitglieder über einen nicht unerheblichen Waffenbesitz verfügten, der zumindest solche Planungen möglich gemacht hätte. Auch wenn sich der Anfangsverdacht juristisch nicht erhärtet hat, ist der Fall relevant, um über Rechtsterrorismus in möglicherweise frühen Entwicklungsstadien Aussagen treffen zu können.
[1] Jens G. war Mitunterzeichner eines Appells vom 14. September 2001 in der rechtsextremen Zeitung „Junge Freiheit“, in der gegen die Entlassung des Rechtsextremen Götz Kubitschek bei einer Wehrsportübung protestiert wurde.
[2] G. und der Beschuldigte Wolfgang F. verbrachten ihre Jugend im völkischen Jugendbund „Deutsch-Wandervogel“, der von einem ehemaligen Waffen-SSler geleitet wurde. Zudem nahm G. laut Polizeiangaben an bündischen Treffen wie dem der antisemitischen und seit September 2023 verbotenen „Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft“ teil.
Die Ermittlungen gegen die Beschuldigten wurden 2023 eingestellt.