Im September 2019 wurde die „Gruppe S.“, benannt nach dem Anführer Werner S., von acht Gruppenmitgliedern ins Leben gerufen und hatte mindestens 13 Mitglieder. Im Anschluss an Durchsuchungen und Festnahmen im Februar 2020 klagte der Generalbundesanwalt am 13. November 2020 elf Mitglieder der Bildung oder Unterstützung einer rechtsterroristischen Vereinigung an, deren Ziel es gewesen sei, „durch Angriffe auf Moscheen und die Tötung oder Verletzung einer möglichst großen Anzahl dort anwesender muslimischer Gläubiger bürgerkriegsähnliche Zustände“ herbeizuführen. Die Idee, durch solche Anschläge bestehende gesellschaftliche Spannungsverhältnisse zu vertiefen und dadurch den Zusammenbruch der Gesellschaft herbeizuführen, ist auch Ausdruck des militanten Akzelerationismus. Um dieses Ziel zu erreichen, so war das Gericht überzeugt, wollte ein Großteil der Angeklagten „nacheinander durchgeführte Anschläge auf fünf oder sechs etwas kleinere Moscheen [durchführen], die einen bedeutenden Imam hätten, sodass auf muslimischer Seite mit besonders großer Empörung und Gegenreaktionen zu rechnen sei“. Ein Mitglied der Gruppe und Mitarbeiter der Polizei Hamm im Bereich „Waffenrechtliche Erlaubnisse“ teilte laut SWR-Recherchen ein Zitat mit den Worten: „Wir müssen von Zeit zu Zeit Terroranschläge verüben, bei denen unbeteiligte Menschen sterben. Dadurch lassen sich der gesamte Staat und die gesamte Bevölkerung lenken. Das primäre Ziel eines solchen Anschlags sind nicht die Toten, sondern die Überlebenden, denn die gilt es zu lenken und zu beeinflussen.“ Laut Anklage führte die Gruppe Schießübungen durch und besorgte sich Materialien zur Sprengstoffherstellung sowie Waffen, die unter anderem in Walddepots lagerten. Rekrutiert hat sich die Gruppe weitestgehend online aus rechtsextremen, bürgerwehrähnlichen Gruppen auf Facebook. Über Messengerdienste haben sich die Mitglieder weiter organisiert und radikalisiert bis zur Planung konkreter Anschläge und Waffenbeschaffungen (inklusive 3-D-Waffen[1]). Am 30. November 2023 verurteilte das Oberlandesgericht Stuttgart neun Angeklagte unter anderem wegen (rädelsführerschaftlicher) Gründung, Rädelsführerschaft und Mitgliedschaft in sowie Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu Freiheitsstrafen zwischen einem Jahr und neun Monaten und sechs Jahren. Der ebenfalls angeklagte Informant aus der Gruppe wurde freigesprochen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und die Verurteilten haben am 8. Dezember 2023 Revision eingelegt. Kritik am Prozess gibt es auch wegen der Nichtverfolgung weiterer organisierter Neonazis, die im engen Kontakt zur Gruppe S. standen und das Umfeld der Gruppe maßgeblich prägten, sowie von Verfahrensbeteiligten wegen der fehlenden Aufbereitung von Daten durch das Landeskriminalamt.[2]
[1] Die Waffen, vor allem Kriegswaffen, sollten auch über rechtsextreme Kontakte im Rockermilieu beschafft werden.
[2] Am 31. Juli 2023 wurde bekannt, dass 15 Terabyte Aktenmaterial durch das LKA im Rahmen der Ermittlungen noch nicht aufbereitet wurden und die bis dahin den Prozessbeteiligten vorliegenden Daten nicht mal 0,7 Prozent der verfügbaren Daten ausmachten.
Am 30. November 2023 wurden 10 Angeklagte u. a. nach § 129a StGB zu Haftstrafen zwischen 1 Jahr und 9 Monaten und 6 Jahren verurteilt, 1 Angeklagter freigesprochen und 1 Angeklagter ist verstorben. Einzelne Urteile sind noch nicht rechtskräftig.
Urteile:
30.11.2023 - Werner S. - 6 Jahre - (§ 129a Abs. 4, 129a)
30.11.2023 - Tony E. - 5 Jahre 3 Monate - (§ 129a Abs. 4, 129a)
30.11.2023 - Michael Bä. - 1 Jahre 9 Monate - (§ 129a)
30.11.2023 - Frank H. - 4 Jahre 3 Monate - (§ 129a)
30.11.2023 - Thomas N. - 4 Jahre 6 Monate - (§ 129a)
30.11.2023 - Wolfgang Wi. - 4 Jahre - (§ 129a)
30.11.2023 - Steffen Ba. - 3 Jahre 9 Monate - (§ 129a)
30.11.2023 - Stefan Kra. - 2 Jahre 6 Monate - (§ 129a Abs. 5)
30.11.2023 - Markus K. - 2 Jahre 6 Monate - (§ 129a Abs. 45)
30.11.2023 - Thorsten Wo. - 2 Jahre 9 Monate - (§ 129a Abs. 5)